Jagdstreckenerfassung

Die Jagdstreckenerfassung und deren Auswertung, die Jagdstatistik, ist die einzig verfügbare langjährige und flächendeckende Informationsquelle über jagdbare Wildarten. Historische Jagdstreckenaufzeichnungen in Baden-Württemberg datieren zurück bis ins Jahr 1582. Flächendeckend liegen die Jagdstrecken seit Mitte der 1930er-Jahre vor.

 

© Wildforschungsstelle Baden-Württemberg

Jagdstreckenerfassung als Monitoringwerkzeug

Die Jagdstrecken spiegeln für bestimmte Tierarten die Bejagungsintensität wider, die sich u. a. aus den jagdrechtlichen Regelungen selbst, der Interessenslage und Motivation der Jägerschaft, Ereignissen wie Seuchenzügen oder der Witterung ergibt. Die Jagdstrecken beinhalten auch die Zahlen zum Fallwild. Jagdstrecken geben daher immer nur einen Trend wieder, sie müssen langfristig und im Licht der genannten Rahmenfaktoren betrachtet werden. Sie sind heute bei vielen Wildtierarten, besonders beim Niederwild, keine verlässliche Datenquelle zur Bewertung der Populationsdichten und -entwicklungen. So wurde beispielsweise der Einfluss jagdrechtlicher Anpassungen bei den Wildtauben (davon 90 % Ringeltauben) sichtbar: Nach der Vogelschutzrichtlinie ist eine Bejagung während der Brut- und Aufzuchtzeit sowie bei den Zugvögeln auch während des Rückzugs in die Brutgebiete verboten. Entsprechend wurde die Jagdzeit für Wildtauben ab dem Jagdjahr 2002/03 von 304 auf 112 Tage stark verkürzt. Die aktuelle Jagdzeit beginnt nun im November. Zu dieser Zeit sind jedoch nur wenige Ringeltauben in den Revieren anzutreffen, da sie bereits in mildere Regionen abgewandert sind. Die Verkürzung der Jagdzeit verursachte daher einen deutlichen Streckeneinbruch.

Obgleich die Jagdstrecken stark von der Bejagungsintensität beeinflusst werden und nicht immer belastbares Datenmaterial zur Populationsentwicklung liefern, sind sie – neben dem Monitoring von lebenden Tieren – ein weiteres wichtiges Werkzeug, um die Verbreitung und Entwicklung von Wildtierarten zu dokumentieren. Zum Beispiel zeigen die Jagdstreckenanalysen deutlich die Ausbreitungswege des Waschbären oder des Marderhundes oder die Bestandszunahme beim Wildschwein.

Jagdstreckenentwicklung Feldhase © Wildtierbericht 2018

Die ersten Jagdstreckenaufzeichnungen Baden-Württembergs datieren zurück ins Jahr 1582 und stammen aus dem Haus Fürstenberg. Häufig sind die Jagdstrecken die einzigen verfügbaren Quellen, wenn es darum geht, ehemalige Verbreitungsgebiete zu rekonstruieren. So basiert beispielsweise die rekonstruierte historische Verbreitung des Rothirsches im Grundlagenwerk „Säugetiere Baden-Württembergs“ auf den alten Jagdstreckenaufzeichnungen.

Auch heute noch sind die Jagdstrecken die einzige langjährige und flächendeckende Informationsquelle für folgende Aspekte:

  • Verbreitung und Populationsentwicklung bestimmter Wildtierarten, z. B. als Grundlage für Jagd- und Schonzeiten, Jagdruhezonen
  • das Vorkommen einer Art, z. B. als Grundlage für eine Gefährdungsbewertung im Rahmen der FFH-RL oder VSRL
  • Raum-Zeit-Bewegungen und Wanderverhalten
  • die Aufzeichnungen der Fallwildstrecken können auf regionaler Ebene Rückschlüsse auf Wildunfallschwerpunkte geben

Seit der Gründung der Wildforschungsstelle (WFS) im Jahr 1987 wird dort die Jagdstatistik nach Angaben der Kreisjagdämter und der Forstdirektionen zusammengestellt. Die jagdausübungsberechtigten Personen haben jährlich über erlegte und verendete Wildtiere eine Streckenliste zu führen, die der unteren Jagdbehörde zu übermitteln ist. Die WFS wertet diese Jagdstrecken aus und veröffentlicht sie in einem jährlichen Jagdbericht. Darin finden sich u. a. relevante Übersichtstabellen und artspezifische Detailinformationen. Weiterhin bearbeitet die WFS zahlreiche Anfragen von Behörden, Verbänden oder Privatpersonen zu unterschiedlichen Fragestellungen, die mit den Jagdstreckendaten beantwortet werden können.

Jagdstrecken im Wildtierportal

Entwicklung der Streckendichte vom Wildschwein © Wildtierbericht 2018