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Nutria Myocastor coypus
Produktoptionen
Nutria |
Nutzungsmanagement |
Wasser |
Siedlung |
Pflanzenfresser |
invasiv-gebietsfremd |
Allesfresser |
Steckbrief
Bestandssituation | Gebietsfremde Art - Neozoen, keine Bewertung |
Kopf- Rumpf-Länge | 45 cm - 65 cm |
Körpergewicht | 7 - 9 kg |
Paarungszeit | ganzjährig |
Fortpflanzung | Paarung ist ganzjährig möglich; Weibchen sind alle 26 Tage fruchtbar; Tragzeit 110 - 150 Tage; Jungen kommen mit offenen Augen zur Welt und folgen dem Weibchen nach wenigen Stunden; Säugezeit bis 8 Wochen. |
Setzzeit | ganzjährig mit Maximum im Juli |
Anzahl Junge | 3 - 4, maximal 13 |
Lebensweise | Tag- und nachtaktiv; leben meist paarweise in Kolonien zusammen, ältere Tiere vereinzelt; Baue meist einfache Röhren mit Eingang über dem Wasser; gute Schwimmer; an Land unbeholfen; können bis zu fünf Minuten tauchen und fetten ihr Fell regelmäßig ein. |
Nahrung | Überwiegend Pflanzenfresser, weiden Wasserpflanzen ab, z.B. Rhizome von Schilfrohr, Wasserschwaden oder Seggen und Binsen; verzehren auch Schnecken und Muscheln; können örtlich Wildschäden an landwirtschaftlichen Produkten wie Mais oder Rüben verursachen, die nach Schätzungen in Südbaden ca. 10 % der Nahrung ausmachen; sind im Siedlungsbereich häufig futterzahm, weil sie dort regelmäßig gefüttert werden. |
Managementstufe | Nutzungsmanagement |
Jagdzeit | 1. Juli bis 15. Februar, Jungtiere 15. April bis Ende Juni, gemäß § 10 Absatz 2 DVO JWMG darf die Jagd auf Jungtiere der Nutria ganzjährig außerhalb der allgemeinen Schonzeit (16. Februar bis 15. April) ausgeübt werden. |
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Tierstimme
Verbreitung in Baden-Württemberg
Die Nutria (auch Sumpfbiber genannt) stammt aus Südamerika und wurde - wie Marderhund und Waschbär - als Pelztier vom Menschen nach Europa eingeführt.
Ihr Vorkommen konzentriert sich vor allem auf die Oberrhein-Ebene, das Kraichgau und den Bodensee, wo mildes Klima vorherrscht. Es gibt eine Ausbreitungstendenz hin zu den Neckar-Tauber-Gäuplatten sowie zu Odenwald und Spessart. Im Siedlungsraum tritt die Nutria vor allem in der Nähe von Gewässern und hauptsächlich in den Siedlungsrandbereichen auf.
Der erste Nachweis für Baden-Württemberg stammt aus dem Jahr 1961 aus dem Neckar-Odenwald-Kreis. Dabei handelte es sich wahrscheinlich um ein Tier, welches aus dem Elsass zugewandert war. Gehäuft wurden Nachweise ab Beginn der 1980er Jahre, hauptsächlich aus den nördlichen Landesteilen, gemeldet. Von der Oberrheinebene aus konnten sich die Tiere weiter in Baden-Württemberg etablieren. Nach den Meldungen bei der Flächendeckenden Erfassung und der Entwicklung der Jagdstrecke ist die Nutria weiter in der Ausbreitung begriffen. In den letzten 10 Jahren hat sich die Vorkommensfläche (Gemeindefläche mit gemeldeten Nutriavorkommen) um 63 % vergrößert und die Jagdstrecke hat seit der Jahrtausendwende um 105 % zugenommen. Die wärmeliebende Art profitiert von der Klimaerwärmung, da sie in den zunehmend milden Wintern kaum mehr Winterverluste erleidet und somit ein natürlicher Regulator der Population entfällt.
Lebensraum
In ihrem ursprünglichen Lebensraum in Südamerika besiedelt die Nutria die Niederungen mit großen Strömen. In Baden-Württemberg besiedelt der Sumpfbiber vorwiegend Gebiete mit gemäßigtem Klima. Im Oberrheingraben, der am dichtesten besiedelten Region, lebt die Nutria in den Altarmen größerer Flüsse. Sie bevorzugt grabenreiche, sumpfige Gebiete, die von Röhricht- oder Binsengürtel umgeben sind und ein hohes Nahrungsangebot an Wasserpflanzen bieten. Zum Lebensraum der Nutria gehören auch kleinere Fließgewässer oder Teiche mit angrenzenden Wiesen und Ackerflächen. Auch in weniger gut geeigneten Gewässern mit geringem natürlichem Nahrungsangebot kann die Nutria in hohen Dichten vorkommen, wenn sie dort regelmäßig gefüttert wird und Brot und Gemüsereste die natürliche Nahrung ersetzen. Durch das Unterwühlen von Fahrwegen oder Dämmen können erhebliche wirtschaftliche Schäden entstehen.
Gefährdungen durch Neozoen
Die Nutria wird aufgrund ihres negativen Einflusspotentials seit dem Jahr 2016 auf der Unionsliste der invasiven gebietsfremden Arten der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 geführt. Deshalb sind wirksame Managementmaßnahmen zu etablieren, um mögliche negative Auswirkungen auf die Biodiversität und die damit verbundenen Ökosystemdienstleistungen sowie gegebenenfalls auf die menschliche Gesundheit oder die Wirtschaft zu minimieren. Als Beseitigungs- bzw. Kontrollmaßnahmen zum Schutz der Biodiversität oder des Deichschutzes wird der Lebendfang mit Fallen sowie der Abschuss empfohlen. Die Zuordnung zum Nutzungsmanagement sowie eine konsequente Bejagung nach den Jagd- und Schonzeiten des JWMG sind angemessen. Als invasive gebietsfremde Art darf die Nutria nicht gehegt werden.
© PantherMedia / Labunskiy K. (YAYMicro)
Für eine gute Nachbarschaft
Nutrias im Siedlungsraum
Nutrias sind normalerweise dämmerungs- und nachtaktiv, jedoch hat man festgestellt, dass Tiere, die in Städten vorkommen, besonders mittags bis nachmittags aktiv sind. Dies liegt vor allem an den Fütterungen, die sie von zahlreichen Spaziergängern in dieser Zeit erhalten. Obwohl Nutrias generell als scheue Tiere gelten, zeigen sie im städtischen Raum wenig Furcht vor Menschen, betteln sogar um Essen und nehmen an Entenfütterungen teil.
Wenn sich große Nutriakolonien in Parks und an Flüssen ansammeln, sorgen diese meist für Aufregung unter den Beobachtern. Die einen freuen sich über die großen Nagetiere, die sich schnell an den Menschen gewöhnen und sich leicht fotografieren lassen, die anderen sehen diese Ausbreitung als kritisch an.
Durch ihre Wühltätigkeit kann es zu wirtschaftlichen Schäden kommen, wenn Dämme oder Deiche betroffen sind. Problematisch ist besonders die rasche Vermehrung der Tiere und das daraufhin gehäufte Vorkommen der Art an einer Stelle. Wenn die Nahrungsgrundlage gut ist - wie beispielsweise in Parks, wo die Besucher die Tiere mit mitgebrachtem Essen füttern - sind die Jungtiere nach der Aufzucht nicht mehr gezwungen, abzuwandern, sondern bleiben einfach vor Ort. So bilden sich dann große Kolonien mit vielen Tieren, die viele Bauten auf kleinem Raum anlegen, was zu ernsthaften Problemen führen kann.
Beobachtungstipps
Nutrias zu beobachten, ist an manchen Orten gar nicht so schwer, denn die Tiere sind besonders im städtischen Bereich nicht mehr scheu. Die Tiere sind meistens am Vormittag und vor dem Sonnenuntergang aktiv - hier lohnt sich also ein Besuch. Tagsüber kann es mitunter schwierig werden die Tiere zu beobachten, denn sie verbringen dann die meiste Zeit in einem Unterschlupf zwischen Büschen oder Schilf. Je nach Ort kann das Verhalten der Tiere aber variieren.
Auch wenn es Freude bereiten kann, die Nutrias durch Fütterungen sehr nah an sich heran zu locken, sollte jedoch unbedingt auf Fütterungen verzichtet werden. Denn durch das Zufüttern können sich die Nutrias schnell vermehren und dies kann dann negative Konsequenzen haben. Auch ist eine gewisse Vorsicht geboten, denn es handelt sich immer noch um Wildtiere, die in der Not wehrhaft werden können.
Links & Quellen
Links
Quellen
Allgöwer, R. (2005): Nutria Myocastor coypus (Molina, 1782). In: Braun, M.; Dieterlin, F. (2005): Die Säugetiere Baden-Württembergs. Band 2, Ulmer Verlag, Stuttgart
Arnold, J.; Elliger, A. (2017): Waschbär, Marderhund und Nutria auf dem Vormarsch. AFZ - Der Wald, 9: 43 - 46
Biela, C. (2008): Die Nutria (Myocastor coypus, Molina, 1782) in Deutschland. Ökologische Ursachen und Folgen der Ausbreitung einer invasiven Art. Diplomarbeit, am Lehrstuhl für Landschaftsökologie der Technischen Universität München, Wissenschaftszentrum Weihenstephan, S. 87
Elliger, A. (1997) Die Nutria (Myocastor coypus, Molina, 1782). Wildforschungsstelle des Landes Baden-Württemberg (Hrsg.) WFS-Mitteilungen Nr. 2/1997, S. 5
Management- und Maßnahmenblatt zu VO (EU) Nr. 1143/2014 Nutria, Entwurf für Öffentlichkeitsbeteiligung 2018
Nehring, S.; Skowronek, S. (2017): Die invasiven gebietsfremden Arten der Unionsliste der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 – Erste Fortschreibung 2017. BfN-Skripten 471 2017, Bundesamt für Naturschutz, Bonn
Scheide, D. (2013) Die Nutria in Deutschland: Ökologie, Verbreitung, Schäden und Management im internationalen Vergleich. Diplomarbeit, Fachbereich Geographie/Geowissenschaften, Angewandte Biogeographie, S. 120
Walther, B.; Lehmann, M.; Fuelling, O. (2011) Approaches to deal with the coypu (Myocastor coypus) in urban areas - an example of practice in southern Brandenburg, Germany. - 8th European Vertebrate Pest Management Conference. Julius-Kühn-Archiv, 432: 36 - 37