- Nähere Informationen zur Wildtierart und zum Monitoring auf der Interseite der Forstlichen Versuchs und Forschungsanstalt
- Forschungsprojekt Auerhuhn und Windenergie
- Aktionsplan Auerhuhn beim Wildtierportal
- Das Auerhuhn - Auszug aus dem Wildtierbericht 2021
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Koordinierungsstelle und zentrale Beratungsstelle rund um das Auerhuhn: Auerhuhn im Schwarzwald e.V.
Auerhuhn Tetrao urogallus
Produktoptionen
Auerhuhn |
Schutzmanagement |
Wald |
ungünstig |
Pflanzenfresser |
Steckbrief
Bestandssituation | ungünstig |
Körperlänge | ♂: 100 cm |
Körpergewicht | ♂: 3 kg - 5 kg, ♀: 1,5 kg - 2 kg |
Reproduktionszeit | Mitte - Ende April |
Balz | Arenabalz, an einem guten Balzplatz bis zu 10 - 20 erwachsene Auerhühner |
Gelegegröße | 1 pro Jahr mit 7 - 11 Eier; bei frühem Verlust des Geleges sind Nachbruten mit geringerer Eizahl häufig. |
Brutdauer | 24 - 26 Tage |
Jungenaufzucht | Bodenbrüter; Nestflüchter; Henne brütet und führt die Jungen; nach ca. 3 Monaten selbstständig. |
Lebensweise | Tagaktiv, Einzelgänger, manchmal Hennen- oder Hahngruppen, Hähne stark territorial während der Balz, Schlafplatz auf Bäumen, wichtig ist ein häufiger Wechsel von dichten und lichten Waldbeständen, Nahrungserwerb im Winter auf Bäumen, im Sommer meist am Boden. |
Nahrung | Pflanzenfresser, Insektenfresser in der Jugendphase. |
Managementstufe | Schutzmanagement |
Jagdzeit | keine |
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Tierstimme
Verbreitung in Baden-Württemberg
Das Hauptverbreitungsgebiet des Auerhuhns erstreckt sich von Skandinavien bis zum Baikalsee in Sibirien. In Europa gibt es noch ca. 760.000 bis 1.000.000 Brutpaare, wobei viele Bestände rückläufig sind. In vielen europäischen Mittelgebirgen ist das Auerhuhn ausgestorben oder vom Aussterben bedroht. In Deutschland kommt es noch mit Populationen im Fichtelgebirge, Thüringer Wald, im Bayerischen Wald und im Alpenraum vor. Derzeit wird in der Niederlausitz (Brandenburg) ein Wiederansiedlungsprojekt mit Wildfängen aus Schweden durchgeführt. In Baden-Württemberg kommen Auerhühner aktuell vor allem im Schwarzwald vor. Einzelvorkommen im Allgäu/Adelegg hängen vermutlich mit den Verbreitungsgebieten in Bayern zusammen.
Die Schwarzwald-Population wird in vier Teilgebiete eingeteilt: Nord, Mitte, Süd und Baar. Die Teilgebiete sind durch Verbundkorridore miteinander vernetzt. Aktuelle genetische Untersuchungen haben gezeigt, dass es für Auerhühner möglich ist, zwischen den Teilgebieten hin und her zu wandern. Allerdings hat die genetische Differenzierung zwischen den Individuengruppen der Teilgebiete über den zehnjährigen Untersuchungszeitraum hinweg zugenommen.
Das Auerhuhn hat einen sehr großen Raumanspruch: Für eine langfristig überlebensfähige Mindestpopulation von 500 Tieren wird für den Schwarzwald eine Lebensraumfläche von 50.000 ha angenommen. Diese Minimumfläche ist im Aktionsplan Auerhuhn (APA) in solche Waldbereiche gelegt worden, welche für eine langfristige Besiedlung am besten geeignet sind.
Historische Quellen belegen, dass das Auerhuhn schon um das Jahr 1500 im Schwarzwald vorkam. Die über die Jahrhunderte traditionell durchgeführte Auerwildjagd wurde wegen der abnehmenden Populationsgröße ab dem Jahr 1971 ausgesetzt. Das heutige Auerhuhn-Monitoring wird von den Revierleitenden, der Jägerschaft und der FVA durchgeführt und durch die Erhebungen im Nationalpark Schwarzwald ergänzt. Die schwarzwaldweiten Balzplatzzählungen zeigen, dass die Populationszahlen des Auerhuhns stark rückläufig sind. Während Mitte der 1990er-Jahre noch mehr als 450 Auerhähne gezählt wurden, konnten im Jahr 2012 noch 315 Auerhähne bei der Balz beobachtet werden. Die Balzplatzzählungen aus dem Jahr 2021 ergaben nur noch 114 balzende Hähne im gesamten Schwarzwald.
Gleichzeitig hat das Verbreitungsgebiet im Schwarzwald stark abgenommen. Als Ursachen für den negativen Bestandstrend wird ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren diskutiert: Als Hauptrückgangsursache gelten der Verlust und die Verschlechterung des Lebensraums durch die forstwirtschaftliche Nutzung des Schwarzwalds, die zu immer dunkleren Wäldern geführt hat. Zudem spielen vermutlich auch eine wachsende touristische Nutzung des Waldes durch Freizeitaktivitäten wie etwa Geocaching, Langlauf- oder Tourenski, Schneeschuhwandern, Mountainbiking u. a., ein gestiegener Prädationsdruck durch verschiedene Beutegreifer (etwa Fuchs, Marder oder Habicht) und der Klimawandel eine Rolle beim Rückgang des Auerhuhns. Auch die Witterungsbedingungen vor und während der Reproduktionszeit haben einen Einfluss auf den Reproduktionserfolg.
Lebensraum
Das Auerhuhn besiedelt vor allem große, zusammenhängende boreale und montane Wälder. Diese Wälder sollten nicht nur eine reiche Bodenvegetation und nährstoffarme Bedingungen aufweisen, sondern auch licht- und strukturreich sein. Das Auerhuhn bevorzugt Nadelmischwälder, die ausreichend strukturiert sind und ausreichend Nahrung, Deckung und Licht (Wärme) bieten. In den Wintermonaten ernähren sich Auerhühner hauptsächlich von Koniferennadeln, die im lichten Nadelmischwald reichlich vorhanden sind, aber wenig Energie liefern. Im Frühjahr sind es besonders die jungen Knospen der Laubbäume, die dem Auerhuhn nach einem harten Winter wieder Energie für die Reproduktion liefern. Die Küken ernähren sich in den ersten Wochen hauptsächlich von Insekten. Wichtige Lebensraumelemente während der Kükenaufzucht sind daher vor allem viele Freiflächen und lichte Waldstrukturen, in denen das Sonnenlicht bis auf den Waldboden vordringt und damit die Insektenfauna fördert.
In den Sommermonaten ernähren sich die adulten sowie die juvenilen Auerhühner von einer Vielzahl verschiedener Kräuter und Sträucher, von Blättern, Knospen, Blüten und Früchten, vorzugsweise von Beerensträuchern wie der Heidelbeere oder der Preiselbeere. Große, tiefbeastete Bäume bieten den Vögeln Schutz vor der Witterung und vor Prädatoren. Solche Bäume sind neben einem lockeren Netz aus Freiflächen ein zentrales Lebensraumelement in einem lichten, strukturreichen Wald. Durch seine spezifischen Habitatansprüche ist das Auerhuhn eine wichtige „Indikator- und Schirmart für Biodiversität“ in lichten montanen Waldlebensräumen.
Die Wälder im Schwarzwald weisen nur noch mancherorts die gerade beschriebenen Strukturen auf. Innerhalb der letzten fünf Jahrzehnte hat der Anteil an Lebensraumstrukturen, die für das Auerhuhn geeignet sind, kontinuierlich abgenommen. Durch Sturmereignisse in den 1990er-Jahren (Vivian, Wiebke und Lothar) wurden zwar neue Freiflächen und lichte Strukturen für das Auerhuhn geschaffen, die Anlass zur Hoffnung gaben. Aktuelle Auswertungen mittels Fernerkundungsmethoden (Waldstrukturanalysen von Stereoluftbildern) zeigen jedoch, dass der Schwarzwald seit
2010 immer dichter und somit dunkler geworden ist. Obwohl kleinräumig noch Bereiche mit sehr hoher Habitateignung vorhanden sind, sind auf Landschaftsebene nicht mehr ausreichend viele solcher geeigneten Lebensräume vorhanden. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass dort, wo in einem Gebiet habitatverbessernde Maßnahmen umgesetzt werden (etwa durch das aktive Schaffen von Freiflächen), diese meist schnell vom Auerhuhn angenommen werden.
Gefährdungen
Die Bestandssituation des Auerhuhns ist als „sehr ungünstig“ zu bewerten. Das Auerhuhn ist im Schwarzwald akut vom Aussterben bedroht. Seit 2008 wird die Erhaltung der Auerhuhnpopulation im Schwarzwald auf der Grundlage des „Aktionsplans Auerhuhn“ angestrebt. Eine Zwischenevaluation im Jahr 2019 hat gezeigt, dass die qualitativ und quantitativ vorgegebenen Maßnahmen nicht ausreichend umgesetzt wurden. Außerdem war die Dokumentation der Maßnahmen lückenhaft und eine effektive Steuerungsstruktur fehlte. Basierend auf den Ergebnissen der Evaluation wurde jetzt das Flächenkonzept optimiert und ein neuer Maßnahmenplan für die Jahre 2023 - 2028 (pdf) erstellt. Das Sofortprogramm mit umfangreichen Maßnahmen soll dazu dienen, die Lebensraumeignung großflächig zu verbessern, Störungen durch anthropogene Nutzungen und Infrastruktur zu vermeiden sowie den Prädationsdruck in
den Kerngebieten zu minimieren.
Die im Rahmen des Sonderprogramms zur Stärkung der biologischen Vielfalt des Landes begonnenen Maßnahmen zur Lebensraumverbesserung im Privat- und Kommunalwald und im Rahmen der Freiflächenkampagne im Staatswald sind dauerhaft fortzuführen und fachlich von Experten zu begleiten. Hierzu zählt in erster Linie eine gezielte Beratung der Waldbesitzenden über damit verbundene Fördermöglichkeiten, die im Zuge der Förderrichtlinie „Naturnahe Waldwirtschaft“ etabliert werden. Zur Koordination aller Aktivitäten und zur Umsetzung des Maßnahmenplans wurde 2019 der Verein „Auerhuhn im Schwarzwald“ gegründet, dessen Arbeit durch das Land unterstützt wird. Wichtig ist zudem ein regelmäßiges Monitoring der Habitat-/Waldstrukturen mittels Fernerkundung auf Landschaftsebene, da nur so beurteilt werden kann, ob und wo der Lebensraum sich tatsächlich verbessert hat.
© Wildtierbericht 2021
Links
Quellen
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Grimm, V.; Storch, I. (2000): Minimum viable population size of capercaillie Tetrao urogallus, results from a stochastic model Wildlife Biology, 6 (4): 219 - 225
Suchant, R.; Braunisch, V. (2004): Wälder als Kernflächen eines Biotopverbundes für Wildtiere - das Auerhuhn als Indikator? Der Beitrag der Waldwirtschaft zum Aufbau eines länderübergreifenden Biotopverbundes, 76: 75 - 85
Wagner, R. V. (1876): Das Jagdwesen in Württemberg unter den Herzögen. Laupp‘sche Buchhandlung Verlag, Tübingen.
Hölzinger, J., Boschert, M. (2001): Die Vögel Baden-Württembergs (Avifauna Baden-Württemberg). Band 22
Coppes, J.; Ehrlacher, J.; Müller, G.; Roth, K.; Schroth, K. E.; Braunisch, V.; Suchant, R. (2016): Rückgang von Bestand und Verbreitung des Auerhuhns (Tetrao urogallus) im Schwarzwald. In: Der Ornithologische Beobachter
Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg FVA, Auerwildhegemeinschaft im Regierungsbezirk Freiburg und den Auerwildhegeringen Freudenstadt und Calw unveröffentlicht (2018): Ergebnisse aus dem Wildtiermonitoring der FVA. Auszug aus der Wildtiermonitoringdatenbank
Schroth, K.-E.; Lieser, M.; Berthold, P. (2005): Zur Winternahrung des Auerhuhns (Tetrao urogallus) - Versuche zur Bevorzugung von Nadeln verschiedener Koniferenarten. Forstarchiv, 76: 75 - 82
Storch, I. (1993): Habitat selection by capercaillie in summer and autumn: Is bilberry important. Oecologia, 95: 257 - 265
Storch, I. (2001): Auerhuhn-"Restpopulationen": Lebensraum, Minimale Lebensfähige Population (MVP) und Aussterberisiko, Freising
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