- Zum Projekt "Luchs Baden-Württemberg"
- Zum Luchsmonitoring der Forstlichen Versuchs und Forschungsanstalt Baden-Württemberg
- Aktuelle Luchsvorkommen in Deutschland
- Der Luchs - Auszug aus dem Wildtierbericht 2021
Luchs |
Schutzmanagement |
Wald |
Feld |
Fleischfresser |
ungünstig |
Erhaltungszustand | ungünstig - schlecht |
Kopf-Rumpf-Länge | 80 cm - 110 cm |
Schulterhöhe | 50 cm- 60 cm |
Körpergewicht | 17 kg - 27 kg |
Paarungszeit | Februar - April |
Setzzeit | April - Juni |
Anzahl Junge | 1 - 4, Ø 2 |
Lebensweise | Überwiegend nachtaktiv, heimlicher Einzelgänger, sehr großer Raumbedarf |
Nahrung | Reiner Fleischfresser, Nahrungsspektrum reicht von der Maus bis zum Rothirsch(kalb), Hauptbeute Reh |
Managementstufe | Schutzmanagement |
Jagdzeit | keine |
Ruf eines Luchses während der Ranzzeit
Seitdem die FVA 2004 mit dem Luchsmonitoring beauftragt wurde, gab es bis zum Monitoringjahr 2020/21 (Stand: 30.04.2021) 1.172 gesicherte Luchsnachweise (ohne Telemetriedaten). Ein Großteil dieser Nachweise ist auf ein sehr intensives Fotofallenmonitoring im Oberen Donautal zurückzuführen. Seit 2004 wurden insgesamt 15 verschiedene männliche Luchse (Kuder) identifiziert. Fünf der Tiere konnten mit einem Senderhalsband ausgestattet werden, wovon noch zwei residente Luchskuder besendert sind (Stand: Monitoringjahr 2020/21). Bei acht der 15 bisherigen Tiere konnte in enger Zusammenarbeit mit der Stiftung KORA (Monitoring Großraubtiere in der Schweiz) die Zuwanderung aus der Schweiz bestätigt werden. Die individuellen Fleckenmusterungen und DNA-Analysen der Luchsindividuen wurden mit den Schweizer Daten abgeglichen, sodass die Herkunft der Luchse aus der Schweiz bestimmt werden konnte.
Durch Mortalität bzw. Zu- und Abwanderungsprozesse schwankt die Zahl der bekannten Individuen in Baden-Württemberg stark. Da Luchse sehr scheue Tiere sind, ist es durchaus möglich, dass sich derzeit neue oder bereits bekannte Tiere im Land aufhalten. Aktuell gibt es in Baden-Württemberg keine sich reproduzierende Luchspopulation. Da sich die Vorkommen im Schweizer Jura, sowie in der Nordostschweiz ausdehnen und es zunehmend gesicherte Nachweise in den grenznahen Kantonen gibt, ist die Zuwanderung einzelner Kuder über den Hochrhein aber weiterhin zu erwarten. Eine Zuwanderung von weiblichen Tieren konnte bisher nur in einem Fall nachgewiesen werden. Die Bereitschaft zur Querung von ungeeigneten Habitaten ist bei Weibchen deutlich geringer als bei Männchen.
Zum Luchsmonitoring der Forstlichen Versuchs und Forschungsanstalt Baden-Württemberg
Der Lebensraum des Luchses besteht aus großen Waldgebieten, die ihm ausreichend Deckung bei der Jagd und für die Jungenaufzucht bieten, sowie ein ausreichendes Beutetierangebot aufweisen. Als Tageslager bevorzugt er felsreiche Gebiete oder Waldbereiche mit umfangreichen Rückzugsmöglichkeiten. Luchse sind Einzelgänger und haben einen großen Raumanspruch. Im Schweizer Jura werden je nach Lebensraum Luchsdichten von 1,25 - 2,61 selbständigen Luchsen pro 100 km² beobachtet. Die durchschnittliche Territoriengröße weiblicher Luchse liegt in diesem Gebiet bei rund 185 km², die männlicher Luchse bei rund 283 km².
In Baden-Württemberg gelten laut Habitatmodellberechnungen ca. 10 % der Landesfläche als potentiell-geeigneter Lebensraum für den Luchs. Herdtfelder 2012 errechnete in seinem Modell eine Lebensraumverfügbarkeit von 3.600 km² und eine mögliche Individuenanzahl von ca. 100 territorialen Tieren. Besonders die Naturräume Schwarzwald und Schwäbische Alb sind mit einer geeigneten Fläche von insgesamt 3.300 km² hervorzuheben. Die Verbindung zwischen den geeigneten Flächen im Schwarzwald und der Schwäbischen Alb beschränkt sich dabei auf zwei Korridore, die auch im Generalwildwegeplan enthalten sind. Der Schwäbisch-Fränkische Wald und der westliche und östliche Teil des baden-württembergischen Odenwaldes, bieten nur kleine zusammenhängende Gebiete. Die Flächen im Odenwald stehen jedoch in Kontakt mit Waldflächen in Hessen und Bayern. Potentielle Luchsvorkommen sind allesamt auf einen nationalen und internationalen Biotopverbund angewiesen, da sie für sich genommen zu wenigen Tieren Lebensraum bieten, um eine in sich geschlossene Population beherbergen zu können, die langfristig überlebensfähig ist.
Luchse sind überwiegend nachtaktiv und leben als territoriale Einzelgänger, wobei sich der Lebensraum von männlichen und weiblichen Luchsen überlagert. Sie treffen sich jedoch nur zur Ranzzeit (Paarungszeit) zwischen Februar und April und kommunizieren über olfaktorische Signale (Duftmarken) und dem Ranzruf. Nach einer Tragzeit von ca. 70 Tagen suchen sich die Weibchen einen geschützten Wurfplatz, bevorzugt in steilem, unzugänglichem Gelände und bringen dort ein bis vier Junge zur Welt (im Schnitt zwei Junge pro Wurf). Das Weibchen kümmert sich alleine um die Aufzucht und säugt die anfangs blinden Junge über drei Monate lang. Mit der Entwicklung der Reißzähne erfolgt dann die Umstellung der Jungen ausschließlich auf fleischliche Nahrung, wobei die Mutter die Jungen mit zu den erbeuteten Rissen nimmt und ihnen nichts zuträgt. Erst im Alter von 9-10 Monaten, wenn der Wechsel der Milchzähne abgeschlossen ist, können Jungluchse selbständig größere Tiere erbeuten. Vollständig ausgewachsen sind Luchse erst mit etwa zwei Jahren.
Ein Familienverband besteht etwa ein Jahr. Mit der nächsten Ranzzeit wandern die Jungtiere ab und suchen sich ein eigenes Revier. Luchse suchen sich in der Regel ihr neues Revier im Anschluss an ein bereits besetztes Gebiet und zeigen daher ein eher konservatives Ausbreitungsverhalten. Männliche Luchse wandern hierbei tendenziell weiter als weibliche Luchse. Wenn die Tiere innerhalb eines Jahres kein geeignetes, freies Revier finden, verringern sich ihre Überlebenschancen stark. Nur etwa die Hälfte der Tiere übersteht dieses Wanderjahr. Nach Baden-Württemberg sind nur vereinzelt Luchse eingewandert. Eine bemerkenswerte Wanderstrecke legte dabei der Luchskuder B600 („Lias“) zurück, welcher am Genfer See geboren wurde und innerhalb eines Jahres eine Luftliniendistanz von über 320 km bis in das Obere Donautal lief.
Der Luchs ist ein Pirsch- und Überraschungsjäger, der meist während der ersten Nachthälfte jagt. Dabei verlässt er sich auf seine scharfen Augen und das feine Gehör. Er lässt seine Beute entweder möglichst nahe an seine Deckung herankommen oder pirscht sich heran, um sie dann mit einem kurzen, überraschenden Angriff und durch einen gezielten Biss in die Kehle zu töten. Auf diese Weise kann er selbst Beutetiere in der Größe von weiblichen Hirschen überwältigen. Luchse ernähren sich in Mitteleuropa hauptsächlich von Rehen - wo sie vorkommen auch Gämse, Rothirsche, Mufflons und Damhirsche. Den restlichen Nahrungsanteil bilden kleinere Säugetiere wie beispielsweise Füchse, Hasen aber auch Mäuse.
Um den Überraschungseffekt zu wahren und damit seinen Jagderfolg sicher zu stellen, zieht der Luchs nach einem erfolgreichen Riss in der Regel in andere Teile seines Reviers weiter. Aus diesem Grund liegen zwei aufeinanderfolgende Risse räumlich meist recht weit auseinander. Kann ein Weibchen zu Beginn der Jungenaufzucht keine allzu großen Streifzüge unternehmen, so kann es vorübergehend zu einer Konzentration von Rissen auf kleinerer Fläche kommen.
Luchse verzehren ihre Beute da, wo sie sie gerissen haben und kehren häufig in den darauffolgenden Nächten dorthin zurück. Oftmals verblendet der Luchs seine Beute mit Laub, Gras oder Schnee, um sie vor Nahrungskonkurrenten zu verstecken. Sobald der Luchs das gerissene Beutetier fertig genutzt hat, bleiben meist nur noch das Gerippe, der Kopf, das Fell und der Verdauungstrakt übrig. Ein ausgewachsener Luchs frisst im Mittel 1,5 kg Fleisch pro Nacht, was etwa einem Reh pro Woche entspricht. Der Nahrungsbedarf schwankt je nach Jahreszeit und Zahl der Jungen. Eine Luchspopulation reißt in einem Jahr durchschnittlich 0,6 bis 1,5 Stück Schalenwild pro 100 ha Lebensraum. Im Vergleich dazu lag die Jagdstrecke im Jagdjahr 2021/22 bei 4,9 Rehen pro 100 ha Jagdfläche in Baden-Württemberg.
Nutztiere sind als Nahrung für den Luchs eher unbedeutend und werden selbst dann selten erbeutet, wenn sie für ihn leicht erreichbar sind. Dennoch kann es hin und wieder zu Übergriffen von Luchsen auf kleinere Nutztiere, wie Schafe und Ziegen, aber auch Gehegewild kommen.
Breitenmoser & Breitenmoser-Würsten (2008): Der Luchs - Ein Großraubtier in der Kulturlandschaft. Salm Verlag, Wohlen/Bern.
Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg FVA (2021): Ergebnisse aus dem Wildtiermonitoring der FVA. Auszug aus der Wildtiermonitoringdatenbank.
Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg, Abteilung Wald und Gesellschaft, Fachbereich Wildtierökologie (2013): Grundlagen zur Erstellung von FFH-relevanten Managementplänen für den Luchs (Lynx lynx).
Herdtfelder, M. (2012): Dissertation: Natur- und sozialwissenschaftliche Analysen anthropogen bedingter Mortalitätsfaktoren und deren Einfluss auf die Überlebenswahrscheinlichkeit des Luchses (Lynx lynx). Abgerufen über http://www.kora.ch/index.php?id=24 am 01.10.2020
Heurich (Hrsg.) (2019): Wolf, Luchs und Bär in der Kulturlandschaft - Konflikte, Chancen, Lösungen im Umgang mit großen Beutegreifern. Eugen Ulmer KG, Stuttgart.
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